Distillery Review 23: Amrut Distillery

Amrut 1

The Amrut Triple Treat!

„Indien… Schließt die Augen und sagt einmal… Indien.“ Bei diesem Zitat werden Viele von euch auch an das Dschungelbuch denken und weniger an Whisky ;). Nachdem mich meine Whisky-Reisen bislang „nur“ nach Schottland und Co. geführt haben und Indien doch ein Stück weiter entfernt ist, freute ich mich sehr über die Möglichkeit, an einem Amrut Whisky Tasting in Bremen teilnehmen zu dürfen. Kirsch Whisky hatte als neuer Vertriebspartner für die indische Amrut Distillery in Deutschland in die Lemon Lounge geladen. So nutze ich gern die Gelegenheit die Brennerei an Hand des Tastings vorzustellen und etwas zu berichten, was es Spannendes zu hören und schmecken gab! Vertreten wurde Amrut von Ashok Chokalingam.

Amrut Kirsch3

Ashok Chokalingam – Fotograph: Maik Ahlers

Ashok ist derzeitig „Head of International Operations“ und bereiste als Marken-Missionar in den Gründerjahren der Brennerei die ganze Welt. Für manch einen neu: Indien ist weltweit führendes Land in Sachen Whisky Produktion und Konsum. Ashok scherzte mit einem Augenzwinkern „The indian people drink more Johnnie Walker than is produced“ und spielte so auf Fälschungen und Imitate an. 7 von 10 der meist getrunkenen Whisky Marken sind indischer Whisky (1. Officers Choice, 2. McDowells No. 1 und erst auf Platz 3 Johnnie Walker!)*. Große Teile des indischen Whiskys werden jedoch aus Melasse (Zuckersirup) hergestellt und würden bei uns wohl eher unter der Kategorie Rum erfasst. Verständlich also, dass der Ruf von indischem Whisky vor Amruts Pionierarbeit zwischen „schlecht“ und schlichtweg „nicht vorhanden“ angesiedelt war. Ashok stand also vor der Aufgabe, die kritischen Nasen dieser Welt vom Amrut Single Malt zu überzeugen. Dies erreichte er mit Erfolg, wie wir heute wissen, durch Blind-Verkostungen. Ohne die „Brandmarkung“ (no pun intended) wurde der junge indische Whisky von vielen Scotch-Genießern als älter und reifer eingestuft und eroberte so über die Jahre die Herzen der Whisky-Fans und die internationalen Märkte. Interessanterweise startete der Verkauf des Amrut Single Malts 2004 außerhalb der indischen Heimat Bangalore… nämlich in Schottland! Mit dieser Ansage machte Amrut unmissverständlich klar, wohin die Reise gehen sollte. Die Single Malts sollten sich von den Fusel-Whiskys abheben und in der internationalen Top-Liga mitspielen. Und die Anerkennung ließ nicht lange auf sich warten. Bereits 2005 erzielte Amrut in der Jim Murray Whisky Bible über 80 Punkte, der Amrut Fusion wurde mehrfach ausgezeichnet und sogar als „third best whisky in the world“ betitelt. Heute hat Amrut ein soliden Ruf in der Szene und weitere Brennereien wie Paul John sind dem guten Beispiel gefolgt und arbeiten an der Etablierung des Begriffs „Indian Single Malt“ als Qualitätsmerkmal.

Ein guter Grund also bei ein paar guten Drams Ashoks Erzählungen zu lauschen. Sein Fachwissen zur Destillation und Fassreifung ist bemerkenswert, nicht verwunderlich, studiert er doch am Institut für „Brewing and Distillation London“. Wieder einmal ärgerte ich mich darüber, in der Schule im Fach Chemie nicht aufgepasst zu haben! Kinder macht eure Hausaufgaben! Ihr wisst nie, wozu es später mal gut ist ;). Ein wichtiger Aspekt des Tastings war natürlich das Thema Fassreifung, die beim Whisky den Großteil der Aromenbildung ausmacht. Bei indischem Whisky haben wir es mit einem Sonderfall zu tun, da die Fassreifung durch das indische Klima beschleunigt wird und somit ein 5 Jahre alter indischer Whisky teils mit einem älteren Scotch verwechselt werden kann. Durch die starken Temperaturschwankungen arbeitet bzw. atmet das Fass intensiver, soviel gilt als gesichert. Der hohe „Engels-Anteil“ (Verdunstung) von 10 – 12 % führt aber auch zu einem höheren Verlust und einer Erhöhung des Alkoholanteils im Fass. Im schottischen Klima hingegen sinkt der Alkoholanteil (bei ca. 2 % angels‘ share) über die Jahre, dafür verlieren die Schotten aber auch weniger Whisky pro Jahr. Für die Inder liegt Fluch und Segen auf der Hand: Der Whisky nimmt schneller Aromen auf, verflüchtigt sich aber auch zügiger. Eine junge Abfüllung in die Flaschen ist die Folge. Ob die Fässer jedoch in der kürzeren Zeit auch die Schärfe aus dem Rohbrand ziehen können, bleibt für mich eine interessante Frage. Die Inder sagen „ja“ die Schotten (tendenziell) eher „nein“. Wo man bei dieser Diskussion steht, muss jeder mit der eigenen Nase beantworten. Wichtig ist am Ende eben doch nur was der Whisky in der Flasche kann! Meine Sinne haben die Amrut Abfüllungen jedenfalls bislang überzeugen können. Gemeinsam mit anderen Whiskys aus klimatisch ähnlichen Ländern (siehe Kavalan aus Taiwan oder Paul John aus Indien) zeigen die jungen wilden Asiaten, dass es auch anders geht. Die exotischen Aromen gepaart mit schottischem Torfrauch bilden bei Amrut eine attraktive Abwechslung zu den schottischen Gassenhauern. Wir Maltheads lieben eben die Vielfalt!

Amrut Kirsch2

Ashok Chokalingam – Fotograph: Maik Ahlers

Und gerade der Amrut Fusion der mit 25 % schwer getorfter schottischer Gerste und 75 % indischer Gerste eine „Fusion“ beider Whisky-Kulturen ist, dient mir in den Tastings oft als gutes Beispiel. Mit 50 % vol. bringt er einiges auf die Waage. Amrut verzichtet generell auf Färbung und spart sich bis auf die 40 %er auch die Kühlfilterung. Ein weiterer Fakt, der lobenswert erwähnt werden kann, ist die Batch-Markierung. Auf der Rückseite der Fusion-Flaschen kann man nachlesen, mit welchem Batch man es zu tun hat. Dass man bei so viel Transparenz noch mit ca. 40 Euro Ladenpreis davonkommt, ist heute im „exotischen“ Whiskyraum keine Selbstverständlichkeit mehr. Auch der „Peated“ den ich beim Tasting erstmalig im Glas hatte, hat mir sehr gut gefallen! Ein cremiger Malt mit einem tollen süß-würzigen Rauchfeuer im Abgang.

Alles in Allem kann ich die Amrut-Abfüllungen nur wärmstens empfehlen, insbesondere wenn man nach einer exotischen Abwechslung sucht und dafür nicht all zu tief in die Taschen greifen kann. Ich bin sicher, dass der Indian Single Malt bald als Begriff dem Japanese Whisky Konkurrenz machen wird. Im Preiskampf liegen für mich derzeit die Inder jedenfalls weit vorne, ohne an der Qualität zu sparen. Wir dürfen gespannt auf die weitere Abfüllungen sein und ich freue mich schon auf meine nächsten Amrut-Entdeckungen!

In diesem Sinne… Slainte (oder Cheers!)

 

Euer Leon

 

Fakten (Stand Juli 2017):
Eigentümer: Jagdale Group (Familienbesitz)
Gegründet: 1948 (Single Malt Release 2004)
Produktionsvolumen pro Jahr: 200.000 Liter pro Jahr
Adresse: Bangalore (?)
Bedeutung: „Elixier des Lebens“/ „Elixier der Götter“
Link: http://www.amrutdistilleries.com/
*Quelle: Ronde, Ingvar (2016): Malt Whisky Year Book 2017, MagDig Media Limited 2016, Shrewsbury, England, Seite 290

2 Gedanken zu “Distillery Review 23: Amrut Distillery

  1. Ein super Bericht über eine richtig tolle Destillerie. Den auf Helgoland nachgereiften Amrut Herald finde ich überragend! Aber auch die anderen Amruts, die ich bisher probieren durfte, haben mir durch die Bank sehr gut gefallen.

  2. Pingback: Whisky RoundUp: Sommer 2017

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