Dreieinhalb Jahre sind vergangen seit ich den Artikel Distillery Review 10: A new spirit – Annandale, Eden Mill, Kingsbarns verfasst habe. 2015 auf meinem großen Roadtrip durch Schottland besuchte ich die drei jungen Lowland Brennereien Eden Mill, Annandale und Kingsbarns und berichtete im vergleichenden Artikel über meine Eindrücke. Mittlerweile haben alle drei Brennereien ihren ersten Single Malt Whisky veröffentlicht. Zeit für einen zweiten Blick und ein Résumé. Denn für mich gibt es, in der Momentaufnahme zumindest, einen klaren Gewinner (zumindest was das erste Release angeht). Ich werde im Detail hier auch nur den „Gewinner“ besprechen und die anderen beiden nur kurz umreißen.
Eden Mill Distillery: Eine kleine Craft Distillery nahe der Golfer- und Studentenstadt St Andrews. Eden Mill brennt, anders als die meisten größeren Malt Whisky Brennereien Schottlands auf sog. Alambic Stills, die auch für Cognac und Eau de Vie eingesetzt werden. Wichtig ist hierbei, auch mit Hinblick auf mein Review zum Whisky, zu erwähnen, dass ich bislang keine guten Erfahrungen mit dieser Destillationsmethode im Whisky-Bereich machen konnte. Meist kommen bei Alambic Stills seltsame Gemüsenoten in den Brand, die ich absolut nicht im Whisky mag. Die Brennerei baute sich in den Jahre vor dem fertigen Whisky ein solides Portfolio an Craft Beer und Gin auf und hat besonders in der Golf- und Gin Gemeinde einen ebenso guten Ruf wie vermutlich bald in der Whisky Szene. Ein spannender Aspekt der Brennerei ist aber das Experimentieren mit unterschiedlichen Malz Sorten, wie Pale Malt, Chocolate Malt und Crystal Malt. Diese unterschiedlichen Rohbrände wurden 2018 zur „Hip Flask Series“ abgefüllt, einer Serie von kleinen 20 cl Flaschen aus unterschiedlichen Fässer mit unterschiedlichen Bränden zu je 25 £. In unserem Verkostungsvideo Whisky Review 08: Eden Mill Single Malt Hip Flask No. 2 & 3 verkosten Paddy und ich die Nummern 2 und 3 der Serie und versuchen herauszufinden, wie viel Unterschied man durch die Malz Sorten tatsächlich merkt.

Annandale Distillery: 2014 gegründet produziert Annandale als eine der ersten Lowland Brennereien seit langem neben einem nicht rauchigen Single Malt (Man O’Words) auch einen torfig/rauchigen Whisky (Man O’Sword). Die sehr schön anzusehende Brennerei, mit hervorragendem Besucherzentrum und Cafe produziert auf klassischen Pot Stills und veröffentlichte ihr erstes Release 2018. Ich konnte das ungetorfte Release in Fassstärke probieren. Über die Verkostung haben wir ein Youtube Video gedreht, wer unsere Eindrücke dazu sehen möchte, schaut hier rein: Whisky Review 06: Annandale first Release. Mich konnte das Release nicht gänzlich überzeugen, besonders beim stolzen Preis von 300 £ pro Flasche. Ich freue mich aber sehr auf die Verkostung der weiteren Abfüllungen und bin sicher, dass die Versionen in Trinkstärke mir besser gefallen werden. Abonniert gern unseren Malt Mariners Youtube Kanal um auf dem Laufenden zu bleiben.

Kingsbarns Distillery: Kingsbarns liegt ebenfalls nach St Andrews und produziert einen klassischen Lowland Single Malt Whisky. Auch hier haben wir auf Youtube im Whisky Review 13: Kingsbarns Spirit Drink den Young Malt (also unfertigen zwei Jahre alten „Baby-Whisky“) probiert. Den echten ersten Single Malt Whisky von Kingsbarns „From Dream to Dram“ haben wir kurz darauf auf der Hanse Spirit probiert. Dieser sehr fruchtig frische Lowland Malt hatte schon deutliche Vorzüge gegenüber den enorm heftigen fassstarken Young Malt und konnte sich sehr gut präsentieren. Wirklich aus den Socken gehauen hat aber auch er mich nicht, was ich von einem drei-jährigen Whisky auch schlichtweg nicht erwarte. Zu Gute halten muss man Kingsbarns, dass der Preis der ersten frei erhältlichen Abfüllung mit ca. 45 Euro allerdings auch im sehr preiswerten Bereich angesiedelt ist (siehe meine Gedanken zum Preis neuer Brennereien weiter unten). Auch hier bin ich fest von einer stetigen Weiterentwicklung des Single Malts der Brennerei überzeugt und freue mich auf weitere Abfüllungen.



Kommen wir nun zu meinem persönlichen klaren Gewinner und für mich einer großen Überraschung. Im positiven Sinne. Die Inhalte der Hip Flask Series von Eden Mill waren gut gemacht, teils etwas scharf und unausgewogen und manche etwas zu fass-dominiert. Das erste offizielle (in Deutschland erhältliche) Single Malt Release 2018 ist in Oloroso Sherry, Pedro Ximenez Sherry und Bourbonfässern gereift, vermutlich teilweise sehr kleinen, wie es bei der Brennerei zu Beginn üblich war. Das „Standard“ Release ist aber aus meiner Sicht merklich reifer und komplexer als die kleinen Hip Flask Abfüllungen. Es ist vor allem bei Betrachten des geringen Alters (2018 konnte der Whisky maximal 4 Jahre alt sein) erstaunlich wie süffig und komplex dieses erste Release ausfällt.
Tasting Notes:
Nase: Ich werde von einer enormen Menge an unterschiedlichsten Aromen überfallen. Enorm fruchtig und beerig wirken die ersten Eindrücke allerdings nicht dunkel und schwer, sondern beinahe von einer frischen Spritzigkeit von stark sprudelndem Mineralwasser getragen. Mit etwas Zeit wird die Nase floraler, viele Parfümaromen treten hinzu, aber nicht chemisch, sondern sehr aromatisch und angenehm. Ich muss an die Kirschlutscher aus meiner Kindheit denken, sehr süß! Jetzt kann ich klarer überreifen Pfirsich und asiatischen Pflaumenwein identifizieren. Honigmelone, Cashewkerne und trockenes Heu kommen dazu. Ich könnte noch lange an diesem vielfältigen Eden Mill Single Malt weiter riechen, bekomme aber große Lust den ersten Schluck zu nehmen.
Geschmack: Der Gaumen hält, was die Nase verspricht. Wieder werde ich von einem Feuerwerk von Aromen überwältigt. Sehr viel Holz überrascht mich nach so wenigen Jahren und legt die Vermutung kleiner Fassarten nahe. Wieder finde ich Aprikose und viel süße Vanillearomen. Der Gaumen ist absolut verlocken sehr viel von diesem Single Malt zu trinken. Ein genialer frischer Sommer Whisky.

Abgang: Der Abgang ist, nicht überraschend für einen jungen Whisky, recht kurz, aber ebenfalls sehr angenehm. Er klingt in leicht bitteren Aprikosennoten aus, erinnert an Steinobst generell.
Auch meine Eltern, die sonst wenig Whisky trinken sind enorm angetan von dem, was ich da im Glas habe und die 5 cl Probe ist schneller leer als uns allen lieb ist. Derzeit ist die Flasche noch im Netz zu haben. „Wo ist der Haken“ denkt ihr Euch nun sicher. Ja der Haken ist subjektiv betrachtet, wie so oft beim schottischen Single Malt, der Preis. Rund 85 € müssen wir derzeit für eine Flasche von dem jungen wilden Lowlander ausgeben. Das wirkt auf den ersten Blick absurd viel. Ist jedoch, blicken wir uns in der Landschaft der neuen Brennereien um, im Grunde sogar moderat. Das erste (allerdings 12 Jahre alte) Release von Daftmill aus den Lowlands ging für 250 £ an die, per Losverfahren ausgewählten, Kunden. Wo wir grad beim Thema sind: Auch dieses 12jährige Release von Daftmill war aus meiner persönlichen Sicht keine Revolution. Ich hoffe auf einen zweiten Blick. Annandale gab die ersten Abfüllungen für rund 300 £, die Folgenden für 126 £ heraus. Ein Preisschild von 85 £/€ für den ersten offiziellen Single Malt scheint da bei Eden Mill im Vergleich fast bescheiden. Aber es bleibt ein hoher Preis für einen jungen Whisky. Ich muss allerdings bei aller Skepsis den Alambic Stills gegenüber zugeben: Dieser Single Malt von Eden Mill ist ein Meisterwerk der jungen Wilden. Nachdem dieser Whisky mit 46,5 % vol. abgefüllt wurde, kann er auch nicht, wie viele andere Whiskys heutzutage, mit enorm starken Alkoholprozenten eine Reife vorgaukeln, die er nicht hat. Klar schmeckt ein Whisky mit 60 % vol. intensiver als einer mit 43! Der Alkohol dient als Aromenträger und drückt somit mit der Brechstange bei vielen hochprozentigen Whiskys eine gewisse Fracht an Aromen durch. Diese Single Malts brechen in der Regeln in sich zusammen, reduziert man sie auf eine angenehme Trinkstärke von etwa 46 % vol. Um so bemerkenswerter finde ich diesen neuen Eden Mill der bei 46,5 % vol. steht wie eine Eins. Er ist ohne Frage jung uns spritzig, hat aber in unserem Fall (wie immer ist Whisky eine Momentaufnahme) absolut bewundernswert performed. Ich spiele stark mit dem Gedanken mir eine Flasche zuzulegen, auch wenn ich für den selben Preis eine Buddel Glendronach 18 Jahre bekommen würde.
Ich bin sehr gespannt auf Eure Meinungen zu den ersten Whiskys von den neuen Brennereien. Schildert mir gern in den Kommentaren hier und auf Facebook Eure Erfahrungen und Eindrücke mit neuen Releases. Freuen wir uns auf eine blühende Zukunft von Eden Mill, Kingsbarns und Annandale. Wir dürfen gespannt auf frischen Wind in der Scotch Whisky Szene sein!
Slainte!
Eure Leon
danke – ja stimmt wir dürfen uns freuen