
Heute möchte ich Euch von einem laaange überfälligen Brennerei-Besuch erzählen. Im Falle von der Knockdhu Distillery habe ich den Bericht vor mir her geschoben, weil es eine so schöne Erinnerung ist, dass ich mir immer sicher war, sie würde nie vergessen werden. Ich besuchte Knockdhu (den/am schwarzen Berg) 2016, während meiner Zeit in Schottland als Tour Guide bei Glendronach. Es war eine wundervolle Episode meines Lebens. Noch heute erinnere ich mich an das Gefühl das ich hatte, als ich am Nachmittag durch die von der schottischen Sonne dunkelgolden überfluteten Landschaften von Aberdeenshire fuhr. Ich konnte nicht aufhören zu grinsen und zu denken „Ich liebe mein Leben“. Eine derartigen „Flow-Zustand“ in dem man die ganze Welt umarmen könnte, vergisst man nicht so schnell. Knockdhu ist eine Brennerei die zu diesem Zeitpunkt noch nicht für Besucher geöffnet war, bzw. gerade dabei war dies zu entwickeln. Die Brennerei mit dem Namen Knockdhu brennt Single Malt der unter dem Namen AnCnoc vermarktet wird, wohl aus Angst vor der Verwechslung mit dem Speyside-Nachbarn Knockando. Knockdhu liegt ziemlich genau auf der imaginären Grenze zwischen östlichen Highlands und der Speyside-Region. So wird die Brennerei mal der einen, mal der anderen Region zugeordnet und steht für mich exemplarisch für die Sichtweise, dass die regionale Zuordnung von Whisky-Brennereien eher eine Glaubensfrage ist, als reine Faktenlage. Die Destille liegt am Fusse des kleinen Berges (großen Hügels?) Knock, was auch der Ortsname ist.

Besuch der Brennerei
Ich kam bestens gelaunt bei der Brennerei an und meldete mich im Distillery Office an. Alles wirkte hier geruhsam und typisch schottisch tiefen-entspannt. Die Brennerei hatte jüngst eine Tour Guiddess eingestellt (ich suche nach wie vor nach einem passenden Wort für „female tour guide“, die Kombination aus dem Wort „goddess“ und „guide“ gefällt mir aber schon ganz gut ;). Diese führte mich und ein ausländisches Pärchen durch die Anlage. Wir starteten im alten Kiln, der Darre der Brennerei, die nicht mehr im Einsatz ist, aber noch einiges an altem Equipment beherbergt.

Knockdhu wurde 1893 in der großen Brennerei-Bau-Welle Ende des 19. Jahrhundert von DCL gebaut. Die Firma die sich aus den großen Lowland Grain Whisky Brennereien Cambus, Cameronbridge, Carsebridge, Glenochil, Kirkliston und Port Dundas gebildet hatte, sollte später Diageo werden (heute der größte Spirituosenkonzern der Welt). Knockdhu war sozusagen ihr Vorstoß ins Highland & Speyside-Gebiet. Die Brennerei wurde knapp 100 Jahre später, Ende des 20. Jahrhunderts zur Whisky-Dürre-Periode eingemottet. 1988 ging Knockdhu an Inver House, der Firma der heute außerdem die Malt Whisky Brennereien Old Pulteney, Balblair, Speyburn und Balmenach gehören. Die Ära Inver House hat der Marke und dem Whisky augenscheinlich gut getan. Seit 2001 gehört die Firma TaiBev, einer thailändischen Getränkefirma. Aber dazu später mehr. Knockdhu hat mit ihren beiden recht großen Brennblasen eine theoretische Produktionskapazität von ca. 1,7 Millionen Liter Spirit jährlich. 20 % davon sind mittlerweile gut getorft mit ca. 45 ppm, für die rauchigen Abfüllungen von AnCnoc. Der Standard der Brennerei ist aber nicht rauchig. Interessant an den Pot Stills ist vor allem, dass sie in Wormtub Condensern münden.

Diese ältere und weniger effiziente Kühlmethoden der Destillation wird nach wie vor bei einigen schottischen Destillerien eingesetzt. Offenbar ist es für den schlussendlichen Brand maßgebend, wenngleich sich die Brennereien schwer tun hier eine einheitliche Erklärung zu finden warum (wie so oft bei Whisky). Manche behaupten der erhöhte Kupferkontakt durch die langen kupfernen Rohre der Wormtubs würden den Brand leichter machen. Wieder andere sagen, der Brand würde schwerer, fleischiger und schwefliger. Ich teile aufgrund meiner sensorischen Eindrücke eher die zweite Hypothese. Brennereien die mit Wormtubs arbeiten sind zum Beispiel Old Pulteney und Edradour in den Highlands und Craigellachie und Cragganmore in der Speyside. Dass es sich bei Wormtubs um mehr als nur reine Nostalgie handeln muss, legt auch die Tatsache nahe, dass die neuen Brennereien Ballindalloch (Speyside) und Ardnahoe (Islay) ebenfalls diese ältere und theoretisch weniger effiziente Methode bei der Destillation anwenden.

Bei Knockdhu jedenfalls betreten wir eines der neuen Warehouses vor Ort, um den Angles‘ Share einatmen zu können, den die dort schlummernden Fässer abgeben. Der größte Teil des AnCnoc Single Malts reift jedoch in anderen Lagerhäusern, teils in größeren Anlagen in den Lowlands, wenn ich das richtig verstanden habe. Bei vielen Brennereien ist dies eher die Regel als die Ausnahme, was die romantische Vorstellung des „Terroir“ bei Whisky auf Grund unterschiedlicher Lager-Regionen durchaus in Frage stellt.

Das Tasting Room in dem wir unsere Tour abschließen ist klein und damals noch mit wenig Whisky-Gedöns ausgestattet, mir gefällt dieser bodenständige Zustand der Brennerei sehr. Mittlerweile kann sich hier aber natürlich einiges geändert haben. Wie es sich gehört schlossen wir die Führung hier mit einem Tasting unterschiedlicher Abfüllungen ab.
Zum AnCnoc Whisky

AnCnoc zählt für mich seit ich dieser Marke begegnet bin definitiv zu den Underdogs der Scotch Whisky Szene. Ich habe den Eindruck die Marke wurde neben den prestige-trächtigeren Single Malt Marken Old Pulteney und Balbair immer etwas stiefmütterlich behandelt. Vielleicht ist das aber auch etwas Gutes, habe ich doch bislang von den Abfüllungen die ich kenne einen gute Eindruck. Ich muss hier aber gestehen, dass ich vorwiegen den 12-jährigen AnCnoc gut kenne, die anderen habe ich nur sporadisch hie und da probieren können. Der AnCnoc 12 Jahre ist ein klassischer „Einsteiger“ Malt Whisky mit 40 % vol. und voll in Ex-Bourbonfässern ausgebaut. Für mich riecht und schmeckt er jedoch nicht so nichts sagend wie sich das vielleicht anhört. Ich finde beim AnCnoc jedes Mal wenn ich ihn probiere neue Aromen, mal schwarzen Tee, mal grüne Äpfel. Er ist jedenfalls keiner dieser klassische süß-vanilligen Malt Whiskys, sondern bietet durchaus unübliche Aromen. Hinterlassen hier die Wormtubs doch ihren Fingerabdruck? Ich kann Whisky-Enthusiasten den AnCnoc jedenfalls als Erfahrungswert definitiv ans Herz legen. Und auch für Einsteiger ist der AnCnoc 12 Jahre im 30 Euro Bereich kein Beinbruch, um sich mal an einen Bourbonfass gelagerten Standard heranzuwagen.
Ich bin sehr gespannt, wie sich die Marke entwickeln wird. Denn derzeit scheint ThaiBev oder Inver House eine Reihe von Entscheidungen zu treffen, die mir zumindest nicht gefallen. Erst wurde das Sortiment von Old Pulteney umgestellt (und deutlich verteuert) und nun hat es auch die Balblair Bottlings erwischt, eine Brennerei die mir mit ihren Whiskys sehr am Herzen liegt. Bei diesem Whisky Review Balblair 12 Jahre & Balblair 15 Jahre habe ich mir zwei der neuen Balblairs angesehen. Hoffen wir die seltsamen Entwicklungen im Hause Inver House lassen AnCnoc mehr oder minder unberührt.
Fazit:
Knockdhu ist definitiv eine sehenswerte Whisky-Brennerei. Wenn ich mir die aktuelle Website so ansehe, scheint sich in den drei Jahren nichts nennenswertes an der Art der Touren verändert zu haben. Man kann Touren buchen, jedoch nur auf Voranmeldung. Die Touren finden um 10 und 14 Uhr statt. Derzeit können Touren unter kennedyl@inverhouse.com oder der Telefon Nummer 0044 1466 771223 gebucht werden. Ich denke Knockdhu ist eine Brennerei für Whisky-Liebhaber, die auch Brennereien abseits des Mainstream besuchen möchten. Hier bekommt man ein persönlicheres Erlebnis und hat mehr Ruhe, als bei Brennereien, die sich mehr auf Touristen eingestellt haben. Es ist eine Mischung aus „Whisky-Fabrik“ (was jede Brennerei am Ende ist) und authentischem Charme. Ich jedenfalls habe meinen Besuch sehr genossen und habe mich enorm willkommen gefühlt. An diesem Tag hätte wohl aber auch nichts meine Laune trüben können ;).
Slainte!
Euer Leon
